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Warum besetzt ihr die Uni?

Fridays for Future hat es 2019 geschafft mit wöchentlichen Schulstreiks die Öffentlichkeit so sehr zu irritieren, dass das Klima im Fokus der Aufmerksamkeit in Deutschland stand. Mit bis zu 1.9 Millionen Teilnehmer*innen haben die Klimastreiks damals Druck erzeugt und eine breite gesellschaftliche Unterstützung gefunden. Trotzdem hat die Bundesregierung damals ein verfassungswidriges Klimaschutzpaket verabschiedet. Zudem sind die Klimastreiks weniger wirksam geworden. Im September diesen Jahres fand der der elfte globale Klimastreik statt und hat es dabei kaum in die Medien geschafft.

Da die Klimakrise immer weiter eskaliert, müssen auch wir unsere Antworten darauf eskalieren. Deswegen wird dieser Protest jetzt auf die nächste Stufe gehoben und im Namen von EndFossil weltweit Schulen und Unis besetzt. Wir besetzen, weil wir nicht weiter so tun können als ob alles in Ordnung wäre! Wir besetzen, weil wir den Alltag wieder stören müssen um Druck zu erzeugen! Wir besetzen, weil Studierende an der RWTH Nichts zu Klimagerechtigkeit lernen!

Warum bringt ihr euch nicht auf anderem Wege ein?

Es gibt viele Möglichkeiten sich politisch für ein Thema einzubringen. Von Wählen gehen, über Demonstrationen, Gesprächen mit Abgeordneten, Petitionen, Klagen bis hin zu zivilem Ungehorsam haben wir eine große Bandbreite. Deswegen ist es eine richtige und wichtige Frage sich zu überlegen, mit welcher Strategie wir möglichst erfolgreich sein können. In Bezug auf die Klimakrise sind die wissenschaftlichen Fakten seit über 30 bis 40 Jahren bekannt. Seit dieser Zeit engagieren sich unzählige Menschen im globalen Süden und Norden, Betroffene und Wissenschaftler*innen, Alte und Junge Menschen in diesem Bereich und nutzen dabei das gesamte Spektrum politischer Aktionsformen.

Dadurch ist zwar in den letzten Jahren und Jahrzehnten viel passiert, trotzdem stehen wir in Bezug auf die Einhaltung der 1,5°C Grenze, in Bezug auf Entschädigungszahlungen zur Adaption an Länder des globalen Südens und in Bezug auf den Ausstieg aus fossilen Energien noch vor gigantischen Hürden, während uns die Zeit durch die Finger rinnt. Ein weiter so mit Demonstrationen und Mahnwachen ist daher eine Fehlanalyse der aktuellen Situation: Wir benötigen dringend mehr Druck und Aufmerksamkeit für dieses Thema und Besetzungen sowie Ziviler Ungehorsam ist dafür ein effizientes Mittel.

Protest und ziviler Ungehorsam sind zentrale Methoden der politischen Meinungsbildung. Sie sind essenziell für demokratische Systeme, da sie existierende Macht- und Unterdrückungs-strukturen überwinden. Ziviler Ungehorsam zielt dabei immer auf ein Thema der Ungerechtigkeit – das kann ein Gesetz, eine Norm oder auch das Verhalten eines Staates sein. Wichtig ist dabei, dass dem Protest keine Einzelinteressen, sondern ein allgemeines Interesse zugrunde liegt – ist irgendwie klar: Ich kann zivilen Ungehorsam nicht dafür nutzen, um gegen die Tanne meiner Nachbarin zu protestieren, die einen Schatten auf meine Terrasse wirft. Sehr wohl können wir aber diese Methode nutzen, um bspw. die Uni und die Gesellschaft mit Themen wie der Klimakrise zu konfrontieren.

Wir stellen uns nicht gegen Forschung und Lehre

Im Gegenteil. Wir fordern die wissenschaftliche Einschätzung der Lage endlich ernst zu nehmen:

Die kumulierten wissenschaftlichen Beweise sind eindeutig: Der Klimawandel ist eine Bedrohung für das menschliche Wohlergehen und die Gesundheit des Planeten. Jede weitere Verzögerung bei konzertierten, vorausschauenden globalen Maßnahmen zur Anpassung und Abschwächung des Klimawandels wird ein kurzes und sich schnell schließendes Fenster der Gelegenheit verpassen um eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle zu sichern. (sehr hohe Sicherheit)

Bericht des Weltklimarats: IPCC AR6 Arbeitsgruppe 2 – Summary For Policymakers , p.33
Generalsekretär der Vereinten Nationen Antonio Guterres über den neuen Weltklimabericht IPCC – 28.02.2022

Wir sind davon überzeugt, dass Universitäten Orte sein müssten, die über die Dramatik, Ungerechtigkeiten und Hintergründe der Klimakrise informieren. Lösungen müssen ohne Interessenskonflikte durch Drittmittel erforscht werden. Wenn beispielsweise Forschung zur Mobilitätswende von Automobilkonzernen gesponsert ist, wie soll dann jemals rauskommen, dass wir einen kostenlosen ÖPNV brauchen anstatt Einzelverkehr mit Elektroautos? Ethische Fragen wie „Warum sollten westliche Industrienationen das Recht haben, ihren Konsum und Rohstoffverbrauch einfach „grün“ zu gestalten wenn dafür Lebensgrundlagen von Menschen im sogenannten „globalen Süden“ zerstört werden?“, müssen die Grundlage für Entscheidungen sein. Was ist die sogennante „Exzellenz“, mit der die RWTH sich schmückt, Wert, wenn daran keine moralische Integrität geknüpft ist? Für eine differenzierte moralische Haltung in unserer komplexen Welt ist Bildung unabdingbar. Offene und partizipative politische Debatten, sollten von einer verantwortungsvollen Universität regelmäßig für die breite Stadtbevölkerung organisiert werden. Besonders wenn die Universität von sich behauptet die „Zukunft zu Denken“ (Thinking the Future).

Wenn die RWTH trotzalledem weiterhin mit fossilen Großkonzernen wie RWE, BP und Shell koorperiert dann ist das moralischer Wahnsinn. Daher ist es unsere Pflicht, Widerstand zu leisten. Besonders weil Menschen in den am meisten von der Klimakrise betroffenene Ländern, das schon seit Jahrzenten machen und dabei oft ihre persönlicche Freiheit und ihr Leben aufs Spiel setzen.